Beim Nutriteam zu arbeiten bedeutet automatisch, dass man als Ernährungsberaterin den Blickwinkel in Richtung Sport und Bewegung öffnet, zumal Sportbegeisterte aber auch Leistungssportler in der Praxis täglich ein und ausgehen. Unser Motto lautet schliesslich: Essen-Bewegen-Entspannen. Dies hat mich dazu gebracht, mich zu meinem ersten Halbmarathon anzumelden. In der Vorbereitungszeit, welche aktuell läuft, habe ich mich intensiv mit Intervallfasten beschäftigt, um rauszufinden, was mir persönlich am ehesten entsprechen könnte oder eben auch nicht. Im Fokus stand das Monitoren meines Gewichts, meiner Leistungsfähigkeit, aber auch meiner mentalen Verfassung.

Was ist Intervallfasten (IF)?

Intervallfasten ist eigentlich ein Überlebensprogramm, welches in der Entwicklungsgeschichte des Menschen dazu diente, längere Perioden von Nahrungskarenz zu überleben. Heutzutage müssen wir nicht mehr auf die Jagd gehen, um zu unserem Eiweiss zu kommen. Bequem besorgen wir uns dies im Supermarkt oder beim Bauern. Somit müssen wir uns einerseits physisch nicht mehr gross anstrengen, andererseits ist es für viele eine grosse Herausforderung, mit der ständigen Verfügbarkeit und dem Überfluss an Nahrung korrekt umzugehen. Aus diesem Grund kämpfen wir mit verschiedenen Zivilisationskrankheiten, die oft im metabolischen Syndrom enden (Adipositas, Insulinresistenz/Diabetes mellitus Typ 2, Dyslipidämie, Hypertonie).

Durch das breite und (über)grosse Angebot in Supermärkten, ist das natürliche Überlebensprogramm in den Hintergrund geraten.

Im Intervallfasten (IF) geht es darum, die Situation längerer Nahrungspausen wie unsere Vorfahren es erlebten, wieder einzubauen. Konkret bedeutet dies, dass man in bestimmten Zeitintervallen isst und danach fastet. Die aktuelle Studienlage besagt, dass IF präventiv gegen chronische und degenerative Erkrankungen des Nervensystems wirken kann. Metabolisch gesehen stellt der Körper bei längeren Nüchternphasen (noch intensiver) auf den Fettstoffwechsel um und sobald die Glykogenreserven aufgebraucht sind, wird zudem die Ketonkörperbildung stimuliert. Ausserdem werden Zell- und Gefässneubildung sowie Reparaturmechanismen angeregt. Tierstudien zeigten, dass sich das Gehirn in Situationen von IF kombiniert mit Training optimal anpasst. Diese neurologische Adaptation schützt gegen Verletzung und Krankheit und steuert Stoffwechselprozesse im Körper. Im Zusammenhang mit IF darf das Wort “Autophagie” gross geschrieben werden. Es geht hierbei darum, dass der Körper sich bei fehlendem Nachschub über die Nahrung sozusagen selbst erneuert und eine Entrümpelungsaktion vornimmt. Alte, beschädigte Immunzellen werden abgetötet und aus Stammzellen werden neue, gesunde Zellen gebildet. So ähnlich wie wir auch unseren Garten jäten und umgraben, damit die neue Saat schön und gesund nachwächst.

Autophagie bedeutet im Ursprung „sich selbst verzehrend“: Zellbestandteile, welche nicht mehr richtig funktionieren, werden in das Autophagosom aufgenommen, welches mit einem Lysosom verschmilzt. Es entsteht ein Autophagolysosom. Hydrolasen (Enzyme) des Lysosoms bauen diese Zellpartikel ab und stellen ihre Grundbausteine zur Wiederverwertung bereit. Durch diesen Mechanismus wird das Gleichgewicht von Abbau alter Zellkomponenten und Produktion neuer Zellstrukturen aufrechterhalten. Man spricht von zellulärer Homöostase. Gleichzeitig findet sozusagen ein Recycling für die Zellen statt.

Wie sieht die Studienlage aus?

Die gesundheitlichen Vorteile des IF werden durch etliche Studien belegt. Der Arzt und IF-Fan Sven Sparding hat diese in folgender Darstellung zusammengefasst:

Mögliche Strategien zur Umsetzung

Die konkrete Umsetzung des IF kann über verschiedene Modelle erfolgen. Hier die bekanntesten:

  • Von 24 Stunden wird 16 Stunden gefastet (16:8)
  • 2 Fastentage pro Woche (5:2)
  • 1 Fastentag pro Woche (6:1)
  • jeden 2.Tag fasten, “alternate-day fasting” (ADF)

Intervallfasten und Sport

Die Motivation, IF zu betreiben ist häufig der Wunsch nach einer Gewichtsreduktion. In Kombination mit einem Bewegungsprogramm scheint dies, gemäss Hottenrott et al. (2016), eine effektive und nachhaltige Strategie zu sein. In dieser placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde ein 12-wöchiges Lauf- und Intervallfasten-Konzept erarbeitet. Zuerst wurden Halbfastentage, dann Ganzfastentage in ein sich progressiv erhöhendes Training eingebaut. Nach 9 Wochen wurde sogar am Fastentag trainiert, mit dem Ziel, den Fettstoffwechsel und die aerobe Ausdauer zu optimieren. Nach Erreichen des Zielgewichts konnten die Fastentage reduziert werden. An diesen betrug die Energieaufnahme für Frauen 400kcal, für Männer 600kcal. Die Studienresultate ergaben, dass die Kombination von Sport, IF und Einnahme eines alkalischen Supplements sich positiv auf das Körpergewicht, Körperfett, viszerale Fett und die Laufleistung auswirken kann. Beim Supplement handelt es sich um ein Basenpräparat, welches dazu dient, die IF-bedingte Azidose zu kompensieren.

Diese Resultate sind grundsätzlich für nicht leistungsorientierte Sportler interessant, für welche eine Gewichtsreduktion im Vordergrund steht. Es gilt daher grundlegend zu unterscheiden ob eine Gewichtsreduktion oder das Training des Fettmetabolismus das Ziel ist. Daher ist die Frage berechtigt, ob dieses Konzept im Leistungssport ebenfalls Sinn macht. Und auch da muss zusätzlich zwischen den verschiedenen Disziplinen anders argumentiert werden. Beim Aussprechen der Empfehlungen gilt es, zwischen einem Marathonläufer, einem Radsportler oder einem Schnellkraftsportler zu differenzieren.

Im Ausdauersport kann im Nüchternzustand die Leistungsfähigkeit gemäss Studienlage aufrecht erhalten werden (Dohm et al., 1986). Der Fettstoffwechsel wird vermehrt aktiviert und die Energie wird über die Betaoxidation freier Fettsäuren und Ketonkörper gewonnen. Letztere entstehen nach einem Fastenzustand als Nebenprodukt der Fettverbrennung in den Mitochondrien der Leberzellen. Hochintensive, schnellkräftige und in diesem Sinne anaerobe Trainingseinheiten sollten – in Bezug auf die sportliche Leistung – grundsätzlich nicht in nüchternem Zustand absolviert werden. In diesem Fall ist nicht die Gewichtsreduktion das Ziel, sondern ein Training auf einem hohen Level.

Speziell im Radsport ist ein tiefes Körpergewicht erwünscht, um so die bestmöglichen Rahmenbedingungen für den Wettkampf zu bilden. Die Studie von Ferguson et al. (2009) ergab, dass eine 3-wöchige Kalorienrestriktion von 40% über längere, nächtliche Fastenperioden die “power-to-weight-ratio” erhöhen konnte und die Leistung nicht negativ beeinflusste. Es handelte sich hierbei um trainierte, professionelle Radrennsportler.

Als Ernährungsberaterin ist es mir ein Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass bei allzu extremen Kalorienrestriktionen die Aufnahme von Mikronährstoffen (Vitamine und Mineralstoffe) höchstwahrscheinlich defizitär ist und die Einnahme eines Supplementen in Erwägung gezogen werden sollte, um allfälligen Mängeln vorzubeugen (Pons et al., 2018). Ausserdem würde ich empfehlen, ein Basenpulver einzunehmen, falls dies nicht schon durch das erste Supplement abgedeckt wird.

Abschliessende Überlegungen und eigene Erfahrungen

Ist eine Gewichtsreduktion erwünscht, gilt (unter Berücksichtigung der Lebensmittelqualität) folgende banale Aussage: die Energiebilanz muss negativ sein. Entweder wir nehmen weniger Energie auf oder wir erhöhen den Bedarf durch sportliche Aktivität. Wird IF so verstanden, als dass beispielsweise im 8-stündigen Zeitfenster grenzenlos gefuttert werden kann, dürfen natürlich keine Erfolge erwartet werden. Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr, ein Binge Eating-Verhalten zu entwickeln (unkontrollierte Essanfälle). Es ist somit von zentraler Bedeutung, im Essintervall eine ausgewogene Ernährung zu pflegen, welche uns mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt, inklusive Vitaminen und Mineralstoffen.

IF kann einen im sozialen Alltag einschränken. Es ist wichtig, sich zu überlegen, wann das Auslassen einer Mahlzeit am meisten Sinn macht. Dieses Konzept ist nicht für jeden umsetzbar. Im Falle von Krankheit (Gefahr von Hypoglykämien bei Diabetes), Essstörungen oder von grösseren psychischen oder physischen Belastungen, sollte eventuell vorher ein Arzt konsultiert werden, bevor man mit IF startet.

Essen hat in erster Linie mit Genuss zu tun. Daher gilt auch beim Thema IF: Alles im gesunden Mass und ohne Sturheit.

Die eigenen Erfahrungen

Das erste Mal, als ich mich persönlich mit dem Thema Gewichtsreduktion befasste war nach der Schwangerschaft, in welcher ich 18kg zugenommen hatte. Als Profitänzerin wollte ich diese natürlich wieder loswerden. Damals kannte ich das Konzept des IF noch nicht und schaffte es, die überflüssigen 6kg innerhalb von etwa 3 Monaten folgendermassen abzunehmen:

  • Weglassen von Zwischenmahlzeiten
  • Lower Carb (Kohlenhydrate in Form von Vollkornbrot/-reis/-teigwaren)
  • viel Gemüse/Salat
  • Abendessen vor 21 Uhr
  • Sehr aktiv als Tanzlehrerin

Im Rahmen der Vorbereitungen auf meinen Halbmarathon im April habe ich mich nun mit dem Thema IF auseinandergesetzt und probiert, es in meinen Alltag einzubauen. Ich konnte keine grösseren Gewichtsveränderungen feststellen. Ziemlich sicher hatte ich unter dem Strich keine negative Energiebilanz oder ich habe bereits Muskeln aufgebaut, wer weiss…;-)

Als professionelle Tänzerin (www.alicialopez-flamenco.ch) und Neo-Läuferin muss ich mir zum Energiehaushalt Gedanken machen. Intervallfasten hat über eine kurze Phase hinweg gepasst, allerdings machen es die sozialen Umstände nicht immer ganz einfach, das Prinzip von A bis Z durchzuziehen.

Das Frühstück auszulassen machte mich nicht extrem glücklich, ehrlich gesagt. Und aus familiären und trainingsbedingten Gründen ist das Weglassen des Abendessens auch suboptimal. Dieses fiel während des IF wahrscheinlich für meine Gewohnheiten etwas zu gross aus und beeinflusste meine Schlafqualität negativ. Aus diesen Gründen halte ich mich nun wieder an meine Ernährungsweise wie oben beschrieben, weil das für mich persönlich im Moment besser passt. Ich könnte mir aber vorstellen, an Regenerationstagen ab und zu einen Fastentag einzubauen, um meinen Körper in den Zustand der Autophagie zu bringen. Ausserdem gilt für mich, wenn immer möglich:

  • Abendessen gegen 18 Uhr (low Carb vor niederintensiver Ausdauer; eine Portion Carbs vor Intervalltrainings)
  • Frühstück erst gegen 8 Uhr, somit ergibt dies ein Fasten-Intervall von ca. 14 Stunden, wenn das Abendessen um 18 Uhr möglich war.
  • Zwischen den Mahlzeiten 4-5 Stunden Intervalle, um die Fettverbrennung zusätzlich ebenfalls etwas anzukurbeln.

Und ab und zu natürlich: schlemmen, das Leben geniessen, Kaffee trinken und chillen. Darf auch sein, Ehrenwort einer sportlichen Ernährungsberaterin.

Bericht: Alicia López

Quellen

Hottenrott, K., Hottenrott, L. (2017). Intermittierendes Fasten und Sport. Schweizerische        Zeitschrift für Gesundheitsmedizin (29), 265-268.

Hottenrott, K., Meyer, T., Huesmann, J., Niebuhr, J., Hoffmann, K., Post, M., Hottenrott, L. (2016). Das LIF-Konzept. Laufen und Intervallfasten für Figur und Fitness. Wenn Wissenschaft in der Praxis überzeugt. Eigenverlag.

Dohm, GL., Beeker, RT., Israel, RG., Tapscott, EB. (1986). Metabolic responses to exercise after             fasting. Journal of Applied Physiology. 61 (4): 1363-8.

Ferguson, LM., Rossi, KA., Ward, E., Jadwin, E., Miller, TA., Miller, WC. (2009). Effects of caloric restriction and overnight fasting on cycling endurance performance. Journal of Strength and Conditioning Research. 23(2): 560-570.

Kast, B. (2018). Der Ernährungskompass. Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum            Thema Ernährung. Bertelsmann Verlag, München.

Knapik, JJ., Jones, BH., Meredith, C., Evans, WJ. (1987). Influence of a 3.5 day fast on physical performance. European Journal Appl.Physiol.Occup. Physiol. 56 (4): 428-32.

Pons, V., Riera, J., Capó, X., Martorell, M., Sureda, A., Tur, JA., Drobnic, F., Pons, A. (2018). Calorie       restriction regime enhances physical performance of trained athletes. Journal of the        International Society of Sports Nutrition.